Deutscher Film, Kriegsfilm
Deutscher Film, Kriegsfilm
Bewertung und Kritik von
Filmfan "falconcastle" am 19.10.2009Nachdem der Film den Oscar bekommen hat wird ihm hoffentlich mehr Aufmerksam geschenkt, als dies bisher der Fall war. In deutschen Kinos war er ja kaum vertreten, da komplett amerikanisch dominiert.
Die Geschichte der Geldfälschung durch Häftlinge in Sachsenhausen im Auftrag der SS war bei Historikern und Numismatikern längst bekannt, in der Öffentlichkeit aber kaum wahrgenommen.
Der Film basiert auf dem Bericht "Des Teufels Werkstatt" von dem ehemaligen
Häftling Adolf Burger, der selbst an der Aktion beteiligt war und heute in Prag lebt. Seine spezielle Sicht der Dinge prägt deshalb auch stellenweise die Erzählung. Wie der heute über 90jährige Burger schon 2006 erklärte, habe er aber die viermalige Änderung des Drehbuchs durchgesetzt, um keine "Legendenbildung" aufkommen zu lassen.
Die erfreuliche Qualität der filmischen Umsetzung und die Leistung der Schauspieler macht Mut auf mehr deutsche und europäische Filme. Ein weiteres Werk aus Babelsberg (etwa nach dem wundervollen Film "Der Pianist" oder "Der ewige Gärtner"), das sich sehen lassen kann.
Eindringlich auch die "Verzögerungstaktik" der Häftlinge bei der Herstellung von Fälschungen, um sich nach Burgers Worten "so lange wie möglich am Leben zu erhalten". Leider hat man es mit der historischen Wahrheit trotzdem nicht so genau genommen, wohl der Dramaturgie wegen. So wurde die erfolgreiche Fälschung der Pfund-Noten nicht im KZ Sachsenhausen umgesetzt, sondern schon mehr als ein Jahr zuvor im Reichssicherheitshauptamt (ganz ohne Häftlinge). In Sachsenhausen ging die Produktion dann "nur noch" in Serie. Die Häftlinge wurden auch nicht in Sachsenhausen befreit, sondern waren längst mit Ausrüstung und Falschgeld in Österreich. Salomon Sorowitsch (in Wahrheit Salomon Smolianoff) lebte außerdem nicht in Monte Carlo, sondern war als "Krimineller" (Geldfälscher) Häftling in Mauthausen, bevor er zum Fälschen nach Sachsenhausen kam.
Der "Academy" werden nicht zuletzt die wiederholten Anspielungen auf die Rolle und die "Unfälschbarkeit" des Dollars gefallen haben. Fakt ist aber, daß der Dollar bis heute die am meisten gefälschte Währung der Welt ist. Kein Wunder, da die "Greenbacks" seit hundert Jahren kaum sicherheitstechnisch aufgerüstet wurden.
In Sachsenhausen wurden über 140 Millionen britische Pfund gefälscht, von denen aber nur 10 Millionen an das Reichssicherheitshauptamt ausgeliefert wurden. Die Pfund-Noten gingen selbst bei der Bank of England als "echt" durch. Daneben fälschte man Pässe, Dokumente, Briefmarken und zuletzt auch den US-Dollar.
Die Idee, Geld zum Schaden des Kriegsgegners zu fälschen, war übrigens nicht neu. Im Ersten Weltkrieg fertigten die Briten Fälschungen deutscher Geldscheine für Deutsch-Ostafrika, um die vom Mutterland abgeschnittene Kolonie wirtschaftlich zu ruinieren und im Zweiten Weltkrieg warfen die Engländer massenhaft gefälschte Lebensmittelkarten über Deutschland ab, um die Versorgung der Bevölkerung zu stören.
Mit den besten Fälschungen der "Aktion Bernhard" wurden letztendlich kriegswichtige Güter gekauft und Agenten bezahlt. Die als "Abwurf" bezeichneten Fälschungen schlechterer Qualität wurden nicht verwendet, weil Hitler persönlich den ursprünglich geplanten Einsatz verbot, sie wurden am Kriegsende größtenteils im österreichischen Toplitzsee versenkt oder verbrannt.
Die rund 140 Häftlinge, die an der "Aktion Bernhard" beteiligt waren, überlebten den Krieg bis auf wenige Ausnahmen.
Der Film kann sich natürlich nur ausschnitthaft einem Kapitel aus der Geschichte des Lagers und im Hinblick auf die größte Fälschungsaktion der Weltgeschichte auch den Methoden der Nazis widmen. So bleibt – wie so oft, wenn man Geschichte betrachtet – die Erkenntnis einseitig.
Bekanntermaßen wurde das Lager Sachsenhausen durch die sowjetischen "Befreier" noch bis 1950 als Speziallager weitergeführt, in dem noch einmal mindestens 12.000 Menschen den Tod fanden. Darunter z.B. der bekannte deutsche Schauspieler Heinrich George (Vater von Götz George). Sein Verhängnis war es wohl auch, in dem deutschen Durchhaltefilm "Kolberg" von Veit Harlan eine Hauptrolle gespielt zu haben.
Fazit: Für historisch Interessierte und nicht nur auf Action made in USA versessene Filmfreunde, die auch noch Wert auf Inhalte legen, dringend zu empfehlen.
Seit 2006 und dem Film hat übrigens auch die Gedenkstätte Sachsenhausen reagiert und eine ständige Ausstellung zu diesem Thema gestaltet. Toll, was ein Film so alles bewegen kann! Geschichte ist dennoch mehr, als ein Spielfilm zeigt! Ich gebe deshalb nur drei Punkte, auch wenn der Stoff wirklich gut ist. Die meisten wissen es aber leider nicht besser und werden immerhin durch den Film mit einem Teil der deutschen Geschichte konfrontiert, den bisher kaum jemand kannte. Also: Film anschauen und bei Interesse gibt es ja auch noch Bücher.
ungeprüfte Kritik