Drama, Komödie
"Juno" bietet einem sehr viel: Die süßeste, frechste, und talentierteste Jungschauspielerin dieses Jahrhundert, einen Song der mir seitdem nicht mehr aus den Ohren will, und großartige Dialogen die ein unglaublich ernstes Thema über weite Strecken sehr humoristisch darstellen!
Das entscheidende ist das ungewöhnliche Konzept, durch das sich der Film seinem schwierigen, ernsten Thema von der humoristischen Seite annähert. In der Anfangsphase rutsche ich öfters unter den Stuhl über die witzigen Sprüche, die pointierten Dialoge und wegen der Fähigkeit von Juno über wirklich alles eine unbekümmerte, coole Bemerkung auf Lager zu haben. Tabus kennt die freche Göre hierbei kaum.
Jason Reitman beweist ein Gespür für Timing, denn er lässt den Film nie ins Lächerliche abgleiten. Das durchaus schwierige Thema wird durchgehend mit einer gewiesen Ernsthaftigkeit gewürdigt, alle beteiligten Protagonisten gehen lediglich etwas anders damit, um wie man es vielleicht erwartet. Und das ist der große Pluspunkt von „Juno“: Kaum eine Szene würde man in dem Moment wie sie kommt auch erwarten, er liefert permanent Überraschungen, vor allem verbale. Dies verdankt der Film dem Oscar-prämierten Drehbuch von Diablo Cody.
Dieser wurde Ellen Page verweigert, wohl nur weil die Academy der Meinung war das sie noch öfter die Chance haben wird einen zu gewinnen. Das sie ihn verdient gehabt hätte steht außer Frage. Ist es doch ihr großartiges Spiel das aus der Komödie einfach mehr macht als sie auf den ersten Blick zu sein scheint. Ellen Page benötigt dazu erstaunlich wenige Worte, aber wenn sie mal den Mund aufmacht, dann ist es ein Genuss, vor allem für die Lachmuskeln. Und am Ende, wenn sie kurz nach der Entbindung im Krankenhaus liegt und den Tränen nah ist, das geht einfach nur ganz tief unter die Haut.
Ihre teilweise verzweifelten Blicke erinnern den Zuschauer an die missliche Lage in der sich dieses sympathische Mädchen befindet, während man sich wegen ihren flotten Sprüchen den Bauch halten muss. Dadurch spiegelt die 16-Jährige die Dualität dieses Films wieder, den Spagat zwischen Drama und Komödie.
Und diesen bekommt Reitman nahezu optimal hin. „Juno“ ist einfach ein Genuss, macht Spaß, bringt einen aber auch zum Nachdenken. Komödie mit Tiefgang nennen manche Leute so etwas auch. Leider bedient sich Reitman bei ein paar Klischees, die besonders Jennifer Garner und Jason Bateman als potentielle Adoptiveltern ausleben dürfen. Sie stehen im krassen Gegensatz zu Junos Familie, die sehr unverkrampft ist, und daher auch mit der Schwangerschaft sehr gelassen umgehen. Nach einem ersten Schock, der wie der Großteil des Films von Situationskomik geprägt ist, unterstützen Vater(J.K. Simmons) und Stiefmutter(Allison Janney) Juno mit allen Kräften. Unrealistisch? Wohl nicht! Ungewöhnlich? Vielleicht, aber das ist „Juno“ ja sowieso.
Nur als Juno hinter die Fassade des kinderlosen Pärchens dringt, wird die Grenze zwischen dem Ungewöhnlichen und dem Üblichen etwas eng. Aber Reitman kriegt die Kurve, nutzt filmübliche Mechanismen um mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen und serviert kurz vor dem großen Finale noch mal eine Überraschung. Die letzten 15 Minuten sind dann nur noch ganz großes Gefühlskino. Zum ersten Mal seit dem Ende von „Million Dollar Baby“ war ich den Tränen nahe, obwohl es bei Juno bei weitem nicht so tragisch zugeht.
Somit durchlebt man als Zuschauer hier ebenfalls einen Spagat. Die erste Viertelstunde muss man lachen, die letzte fast weinen. Wo kommt so etwas schon mal vor?
Das dieser Spagat so großartig gelingt ist auch der Filmmusik zu verdanken. Spiegeln doch bereits die ersten beiden Songs die Gegensätzlichkeit der Geschichte wieder. Der eingängige Song „All I want is you“ während des Vorspanns ist ein Ohrwurm und macht einfach Spaß. Anschließend folgt die Szene in der Juno die Gewissheit bekommt das sie schwanger ist. Der darauf folgende Song ist deutlich ruhiger, und gibt Junos nun verzweifelte Gemütslage wieder. Als wolle er sagen, Schluss mit Lustig, wobei dies hier keineswegs zutrifft. Weder für den Zuschauer, noch für Juno, die sich durch diesen Schicksalsschlag nicht unterkriegen lässt, und fast immer ihre gute Laune behält. Schwierig wird es für sie lediglich als sie mit Erwachsenen-Problemen konfrontiert wird, denen sie sich einfach nicht gewachsen sieht.
Dadurch ist „Juno“ nicht nur eine mitreisende Mischung aus Drama und Komödie, er ist auch ein Beispiel wie ein kindlicher Reifungsprozess funktionieren kann. Wenn man in der allerletzten Szene Juno mit ihrem Freund (Michael Gera) beim Gitarre spielen zusieht, spürt man, das dies nun eine andere Person ist als das kleine Mädchen das 90 Minuten vorher das positive Ergebnis des Schwangerschaftstests durch Schütteln verändern wollte. Juno findet im Laufe ihrer Schwangerschaft heraus was wahre Liebe ist, und das das Leben nicht so einfach ist wie man es sich als Teenager manchmal vorstellt.
ungeprüfte Kritik